„Dem Nachrichtenredakteur ist auf dem Weg zur Arbeit dieses süße Wollknäuel zugelaufen. Wer kann helfen, den Hund zu seinen Lieben zurück zu bringen?“
Schnell ein Bild des Ausreißers auf Facebook gepostet, in der laufenden Sendung die Geschichte erzählt und auf das Foto online hingewiesen. Am Ende konnte „Puma“ seinem Frauchen und dem glücklichen Sohn zurück gegeben werden. Mehr als 250 Fans des Senders „gefiel das“, ähnlich viele hatten den Suchaufruf im Internet geteilt und damit verbreitet. Ohne viel Aufwand hatte das Nachmittagsteam in nur wenigen Minuten eine Geschichte, die sowohl im Radio als auch online funktionierte. Die Facebooker waren Bestandteil bei der Entwicklung der „Story“, sie hatten sie zum Happy End gebracht.
Zugegeben: Tiere und Kinder funktionieren immer, egal ob in der Zeitung, im Radio, im Fernsehen oder im Internet. Doch zeigt diese Episode auch, wie das Thema „Social Media“ einen Radiosender und sein Programm bereichern kann. Denn der Hörer ist nicht nur zum passiven Zuhören verdammt. Er fragt sich nicht: „Geht das gut aus?“ Er sagt sich: „Ich sorge dafür, dass es gut ausgeht!“
Radio Bonn/Rhein-Sieg setzt sehr stark auf die neuen Medien, vor allem auf Facebook. Mehr als 21.000 Hörern gefällt die Seite, und das sind unsere „Stammhörer“. Sie hören uns nicht nur, weil sie wissen wollen, wo im Moment Stau ist, welcher Bürgermeister mit dem Rücktritt liebäugelt, oder ob die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst schon wieder streiken und morgen früh keine Bahnen und Busse fahren. Sie hören uns, weil wir „ihr“ Lokalsender sind, und sie wollen an unserem Programm teilhaben, so wie wir an ihrem Leben teilhaben wollen. Über Facebook sind die Hörer nicht nur dabei, sondern mittendrin.
Die eben beschriebene Geschichte entstand spontan, dem Nachrichtenredakteur ist tatsächlich ein Hund zugelaufen. Facebook ist aber auch die Plattform für die politische oder gesellschaftliche Meinungsäußerung. Macht es Sinn, dass die Stadt Bonn ein neues Konzerthaus baut? Wie komme ich zur Arbeit, wenn im Sommer die Nordbrücke saniert wird? Was unternehme ich am nächsten Wochenende, wenn das Wetter schön ist? Der Hörer kann mitreden, persönliche Ausflugstipps geben, „denen da oben“ auch mal die Meinung geigen. Der Hörer beteiligt sich, er berichtet aus seiner Lebensperspektive, aus seinem Umfeld. Im Umkehrschluss heißt das für uns Radiomacher aber auch, dass wir unsere Hörer besser kennen lernen und erfahren, was sie interessiert und was nicht.
An dieser Stelle muss aber auch gesagt werden, dass Postings niemals sich selbst überlassen werden dürfen. Der Moderator muss auch online moderieren. Er muss die Kommentatoren begleiten und ihnen antworten, als säßen wir alle real beisammen und diskutierten. Besonders bei „harten“ und faktenreichen Themen kann das sonst schnell etwas unübersichtlich werden.
Facebook, Twitter und Co. ist jedoch kein Ersatz fürs Hören. Das sollten Radiomacher immer bedenken. Social Media kann eine sinnvolle Ergänzung zum Radioprogramm sein. Nicht jeder will zum kontroversen Thema mal schnell anrufen und seine Meinung äußern. Nicht jeder kann aus Zeitgründen auch on air geschaltet werden. Über Facebook aber kann er dabei sein, genau so als säße er in der Redaktion, in der Pressekonferenz, beim Hintergrundgespräch. Er gehört zum Team, zur Familie, und das ist Hörerbindung, wie sie besser nicht sein könnte.
Antonius Nolden ist Nachrichtenredakteur bei Radio Bonn/RS.
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