Von Experte zu Experte: Über Glaubwürdigkeit im Radio

Powerradio

Wenn Ihnen ein Sportlehrer im Radio erklärt, wie man Steuern spart oder wenn der gestresste Börsenprofi erläutert, worauf man bei der Auswahl seiner Laufschuhe achten sollte: Klar, dann stimmt etwas nicht. Das weiß jeder und Sie fragen sich jetzt sicher, worauf will der Autor hinaus.

Will er mir sagen, dass der Interviewpartner zu der Geschichte passen muss? Dass dies wichtig für die Authentizität und Glaubwürdigkeit ist? Dass kein Redakteur sich derart aufs Glatteis führen lässt und sei die Story noch so nachrichtenrelevant?

Ja, im Grunde genommen schon. Authentisch und glaubwürdig wird ein Thema meiner Ansicht nach erst, wenn der Interviewpartner ein echter Experte ist. Und nicht womöglich der Hörfunk-PR-Berater, der die Geschichte verfasst hat, die O-Töne gibt. Schließlich soll der Experte in dem O-Ton-Bericht, wie gesagt, glaubwürdig informieren … jaja, ich gebe zu, vielleicht doch eine etwas altmodische Ansicht.

Ein gutes Radiointerview schießt man nicht so locker aus der Hüfte, logisch. Denn der Kollege mit dem Mikro will 20 Sekunden Schnipsel in seinen Beitrag einbauen, ohne ähs, ohne Wiederholungen, flüssig, inhaltlich einprägsam, am liebsten bildhaft, kurz und prägnant und vor allem extrem verständlich! Deshalb sage ich es noch einmal: Rechtfertigt dies, dass der Autor eines Radiobeitrages die O-Töne einspricht, nur weil ich keinen anderen Interviewpartner habe?

Zurück zu dem Sportlehrer und den Laufschuhen. Wenn der Sportprofi mir zur Laufsaison sagt, wie ich meinen wintermüden Körper wieder in Schwung bringe und woran ich erkenne, ob die alten Schlappen in den Altkleidersack gehören, dann ist das ein schönes Thema. Ein Klassiker, der zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt, im Radio gern gehört wird.

Genauso gern gehört sind hierzu dann auch Tipps vom Fitnesstrainer, Physiotherapeuten, Arzt oder Orthopäden, je nach Ausrichtung des Beitrages. Aber wenn mir ein B-Promi oder ein C-Schauspieler, der unter die Buchautoren gegangen ist, Fitnesstipps gibt? Oder gar ein Apotheker? Ich weiß nicht … ich stelle mich an, ja, meinen Sie?

Wie sich ein Beitrag anhören muss, damit er auch wirklich im Programm läuft: Dazu bedarf es unter anderem der Überlegung, ob der Interviewpartner und die Geschichte kompatibel sind. Ist sie konstruiert, sollte man die Finger davon lassen. Von allem, von der Story, vom Interview­partner, vom Auftrag usw. Das ist meine [antiquierte] Meinung.

Autor: Michael Scheidel / Foto: Fanatic Studio