Radio als Markensprachrohr für Familienthemen – rechtliche Fallstricke und PR-Empfehlungen

Gastbeitrag von PR-Beraterin Tomma Rabach und Fachanwalt Dr. Martin Gerecke

Paper family in hands

Die Frage, die sich Unternehmen zu Beginn jeder Kommunikationsplanung stellen sollten, ist die Frage nach dem Ziel. Was wollen wir erreichen? Wen wollen wir erreichen und was sind unsere Botschaften? Erst dann sollte die Entscheidung für oder gegen einen Kommunikationskanal gefällt werden. Die Auswahl scheint groß, kann aber je nach Altersgruppe und Lebenssituation stark variieren. Denn unser Mediennutzungsverhalten hat sich in den vergangenen Jahren gravierend gewandelt. Printmedien kämpfen um Leser, professionelle Blogs stehen klassischen Onlinemedien in nichts nach, soziale Netzwerke sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken und immer mehr Social Media-Kanäle mit neuen Funktionen kommen hinzu. Einen Kommunikationskanal, den viele Unternehmen und Marken außer Acht lassen ist der Hörfunk. Dabei konnte gerade dieses Medium seine Reichweite 2016 ausbauen: 78,7 % der deutschsprachigen Bevölkerung schaltet wochentags ihr Radio ein – für über 4 Stunden! Bemerkenswert ist dabei insbesondere der Anstieg bei den unter 30-Jährigen[1]. Das macht das Radio als Markensprachrohr vor allem für Familien-, Kinder- und Jugendthemen interessant.

Unabhängig davon, ob es sich um werbliche oder redaktionelle Inhalte handelt: Die Ansprache dieser Zielgruppe erfordert eine besondere Vorsicht. Generell gilt: Werbliche Kommunikation muss klar als solche erkennbar sein. Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen unterliegt noch einmal strengeren Regeln. Dies liegt darin begründet, dass Minderjährige Risiken und Verlockungen der Werbung schwerer abschätzen können als Erwachsene.

Daher gilt auch im Radio ein besonderer Schutz durch den Gesetzgeber:

  • Eine direkte werbliche Ansprache in Form der Aufforderung zum Kauf eines Produktes
  • die Aufforderung der Kinder, ihre Eltern zum Kauf zu bewegen
  • die unlautere Ausnutzung des Sammel- und Spieltriebs Minderjähriger
  • die Verleitung zum Abschluss riskanter Geschäfte oder allgemein
  • Kaufaufforderungen, die nicht hinreichend für Minderjährige transparent sind,

sind unzulässig.[2]

An dieser Stelle können PR-„Formate“ die Kommunikationslücke unter Beachtung der o. g. klaren Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten schließen. Während in der Werbung die 1:1-Ausstrahlung der Botschaften im Fokus steht, werden diese in der PR in ein redaktionelles Thema integriert. Dies steht dann im Vordergrund, nicht die Marke oder das Unternehmen, was auch rechtlich notwendig ist, da anderenfalls schnell der Vorwurf der Schleichwerbung gerechtfertigt ist.[3] An dieser Stelle sind also Kreativität und Erfahrung gefragt, um redaktionelle Ansprüche und Unternehmensinteressen miteinander zu verknüpfen.

Die Beiträge müssen unabhängig vom Hörfunk-Format (Interview, redaktioneller Beitrag mit O-Tönen, Podcast, Gewinnspiel …)

  • sachlich
  • neutral und unabhängig und
  • gesellschaftlich-relevant

gestaltet sein.

Genau das macht Hörfunk-PR für die Zielgruppe Eltern besonders spannend. Diese sind stets auf der Suche nach Rat und praktischen Tipps. Ob die Einschätzung eines Experten für das richtige Maß an Süßigkeiten, Ausflugsziele für das bevorstehende Wochenende oder den nächsten Urlaub, ob Tipps für das „Überstehen“ alltäglicher Familiensituationen wie das Drama um das Ins-Bett-Gehen oder die Diskussion einer gesellschaftlich relevanten Fragestellung wie der Genderthematik – redaktionellen Beiträgen wird eine wesentlich höhere Glaubwürdigkeit zugesprochen und damit mehr Aufmerksamkeit geschenkt als klassischen Werbespots. Marken bekommen damit die Möglichkeit, sich im gewünschten Umfeld meist in Alleinstellung zu positionieren und damit klar vom Wettbewerber abzuheben.

Unter Einhaltung audiobedingter Besonderheiten und rechtlicher Vorgaben bietet Hörfunk-PR daher insbesondere für Familienthemen ein bislang wenig ausgeschöpftes Potenzial.

[1] Quelle: http://www.radiozentrale.de/studien-und-daten/radionutzung/ma-2016-radio-ii/.

[2] Gerecke, Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen, NJW 2015, 3185 f.

[3] Nach § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV ist Schleichwerbung die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann.

Über die Autoren.

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Tomma Rabach, Inhaberin der Agentur rabach kommunikation (rk), betreut seit über zwölf Jahren Unternehmen in ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie seit fünf Jahren im Bereich Blogger Relations. Ihr ist es wichtig, die Beratung ganzheitlich und proaktiv zu gestalten. Dabei sieht sich die Agentur als Team mit ihren Kunden: als externe Pressestelle, weniger als separate Agentur. Ob klassische Pressearbeit, Strategieentwicklung oder Beratung, Blogger Relations oder Events – rk folgt stets dem Leuchtturmprinzip: Kunden können einen Wegweiser erwarten, der ihnen Orientierung und Sicherheit gibt. Eine Agentur, die Aufmerksamkeit für die Themen ihrer Kunden schafft und ein Team, das mit Herz und Köpfchen dabei ist. Denn der Fokus von rabach kommunikation liegt auf Branchen, von denen sie auch persönlich begeistert sind: Family und Food. Diese Fokussierung schafft Synergien: für Kunden, Journalisten und Blogger. Weitere Informationen unter www.rabach-kommunikation.de
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Dr. Martin Gerecke ist Anwalt bei CMS Hasche Sigle in Hamburg berät Unternehmen und Einzelpersonen im Urheberrecht, Presse- und Äußerungsrecht sowie zum Recht der neuen Medien (Domain- und Internetrecht, Social Media, Games, Digital Business). Er beurteilt, schützt und verteidigt den Inhalt von Veröffentlichungen, hilft bei der Bewahrung von Schutzrechten (Urheberrechte, Marken, Designrechte) und sonstigem geistigen Eigentum. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Verhandlung und Gestaltung medienspezifischer Verträge wie Lizenz-, Agentur- oder Künstlerverträge aus den Bereichen Film und TV. Dr. Gerecke verfügt zudem über langjährige Erfahrung im Bereich des Wettbewerbsrechts und befasst sich dort insbesondere mit Rechtsfragen des unlauteren Wettbewerbs und berät bei Gestaltung von Werbe- und Produktmaterialien und Onlineshops. Weitere Infos unter: https://cms.law/de/DEU/People/Martin-Gerecke